Der Bilderherbst stürmt heran

Dieses Gesamtkunstwerk mit dem Titel "Flug" beschwört trübe Träume

dc open“ nennt sich die konzertierte Saisoneröffnung von 49 Kölner und 21 Düsseldorfer Galerien. Das ganze Wochenende über zeigen sie ihre neuen Werke, eine Vernissage jagt die andere. Am Freitag sollte um 10 Uhr abends Schluss sein. Es wurde weit nach 11, und dann traf sich der ausgelassene Kunstmob zur fröhlichen Feier im Unort der Ebertpassagen, natürlich trotz kurzfristigen polizeilichen Verbots.

Das Belgische Viertel beherbergt alleine 24 größere Galerien. Ob sie im dc open organisiert sind oder nicht, es hat sich niemand die Gelegenheit entgehen lassen, mit Schnittchen und Wein die Kunstinteressierten willkommen zu heißen. Dies zeigt auch, wie stark der Sog schon nach drei Jahren ist: Ursprünglich ins Leben gerufen, um den Ruf der Kunststädte Köln und Düsseldorf gegen das übermächtig gewordene Berlin zu stärken, ist der große Saisonstart im September zu einem echten Publikumsmagneten geworden.

Natürlich steckt trotzdem jeder seinen Finger hinein!

Entsprechend gut gelaunt zeigen sich die Betreiber der kuk in der Jülicher Straße. „Das Engagement hat sich gelohnt“, freuen sie sich und schenken den zahlreichen Gästen Weißwein nach. Ausgestellt hat Tobias Sternberg mit seiner Serie „Krieg spielen“: Eine Schrankwand, ein Sofa, Teppich und Sessel sind zu einem Schlachtfeld umgeschreinert worden: kämpfende Soldaten und ein Jeep aus Holz dominieren eine bizarre Schlachtenszene direkt aus einer Jungenfantasie. Daneben ein Automat, der vor dem Hereinstecken des Fingers warnt. Sternberg erklärt amüsiert, wie sich mit einem Mal der Besucher selbst zum Ausstellungsstück macht: Niemand geht einfach vorbei. Neugierige stecken sofort den Finger hinein, andere zögern Minuten lang. Eine hübsche Gelegenheit, die Eigenarten der Menschen zu studieren. „Aber das zeichnet natürlich keine Kamera auf“, lacht Sternberg.

Der Mensch und das System - deutliche Formensprache

Deutlich ernster geht es in der Emmanuel Walderdorff Galerie zu, die ihre faszinierenden Altbauräume dem slowakischen Künstler Patrik Kovacovsky zur Verfügung gestellt hat. Filmprojektionen auf Fesselballons, traurig blickende Helden aus der osteuropäischen Propagandawelt und ein in den nackten Rücken gerammter roter Stern, der von einer Eisenbahn umfahren wird, sind einige der Werke, die den Betrachter faszinieren oder verstören können, keineswegs aber kalt lassen.

Susanne Zander stellt in der Antwerpener Straße den Amerikaner George Widener aus, der eine unübersehbare Obsession für Numerisches pflegt. Seine Werke sind in akribischer Kleinarbeit zusammengestellte Folgen von kalendarischen Daten, mit Kugelschreiber auf Papierservietten oder mit Stempeln auf Leinenkissen aufgetragen. Ein Werk kann Monate in Anspruch nehmen, die größeren Arbeiten bieten anderthalb Meter Breite, ausschließlich mit schmalem Stift auf saugfähigem Material angefertigt.

Daheim bei der rosa Katze: So einladend sollte Kunst immer sein...

Die Brüsseler Straße ist die große Laufmeile: Brandl stellt Julia Bünnagel aus, die großformatige Gitterstrukturen aus verschiedenen Materialien schafft; Clages zeigt „Mirrored Mountain Castle“ von Claus Richter, ein schwarzrosa Traum aus Katzen, Uhren und Romantik. Figge von Rosen auf der Aachener Straße verschreiben sich der abstrakten Skulptur mit „Gone Tomorrow“ von Anna K. E.

Geschäftlicher Höhepunkt der dc open ist das sogenannte Collector’s Dinner, mit dem sich die Galeristenszene an die traditionell spendablen rheinischen Kunstsammler richtet. Wer sich das nicht leisten konnte, war auch am Freitag bei Mela Chu gut aufgehoben: Da gab es noch spätabends Tapas und eine ausführliche Erklärung zu ihrem Projekt, alte Porzellanservice mit eigenen Siebdruckvorlagen zu überbrennen.

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Eine Antwort auf Der Bilderherbst stürmt heran

  1. Martin Henseler sagt:

    Lieber Herr Schmidt,

    danke für Ihren Beitrag. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich diesen nicht freischalte, da ich auf meinem Blog grundsätzlich keine kommerziellen bzw. werblichen Beiträge einstelle. Ihre Meinungsäußerung auf belgischesviertel.net ist natürlich gleichwohl jederzeit willkommen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Martin Henseler

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