Der Mosaizierer

Udo Hombach mit einem seiner Mosaikbilder

„Ich bin Materialfetischist und Anhänger des objet trouvé in der Kunst“, bekennt Udo Hombach und zeigt einen Karton mit Glasscherben her. Auf den Scherben: dünn aufgetragenes Blattgold. „Das sind in Süddeutschland während der Siebziger Jahre in Handarbeit entstandene Platten. Ich hatte aber auch mal originale Wandmosaiken. Als ich Ende 54 als Siebenjähriger nach Gerolstein kam, war der Kriegsschaden am Kirchengebäude behoben. Draußen lagen dagegen noch tausende von Mosaiksteinen herum; wie für uns Kinder gemacht. Natürlich habe ich die bunten Glaswürfel eifrig aufgelesen, aber ich bin wohl der Einzige, der sie über ein halbes Jahrhundert aufgehoben hat. Wahrscheinlich findet man heute noch Stücke in der Gartenerde, jedenfalls sagte mir das der ehemalige Küster vor einigen Jahren.“

So wie in seiner Heimatstadt Gerolstein ging es dem Mosaik-Liebhaber Hombach noch häufig: In Jerusalem, Berlin, Oberitalien, Mirbach in der Eifel durchsuchte er die Schutthaufen, rettete unbeachtete Originalfragmente von abgefallendem Mauerwerk oder weggeworfenen Bodenfliesen und setzte sie in seinem Atelier zu Bildern zusammen. Bilder, die durch das kleinere Format die unbedeutenden Splitter groß wirken lassen und ihnen Bedeutung zurückgeben.

Persönliche Symbolik mit originalen Versatzstücken: Hier ein Erlöserkirchenbild

Immer wieder taucht in seinen eigenen Mosaiken der Grundriss der Erlöserkirche auf; Bezüge zu Jerusalem, Berlin, Köln, dem Bombenkrieg, dem Nahost-Konflikt und eigenen Erlebnissen sind durch Symbole eingearbeitet, die man entweder verstehen muss – oder aber auch einfach auf sich wirken lassen kann. „Ich habe meine Objekte und Mosaike auch mal ausgestellt“, erzählt Hombach, „heute habe ich sie alle in diesem Kellerraum hier. Es ist eigentlich keine Kunst. Oder vielleicht doch. Eigentlich ist es egal.“

Schräge Objekte und Mosaiken mit Symbolik. Links hinter der Glastorte: das geteilte Jerusalem mit Originalstücken aus der Mauer

Viel wichtiger ist Hombach, Bezüge aufzudecken. Warum steht mitten in der katholischen Eifel eine der prunkvollsten wilhelminischen Kirchen – dazu noch evangelisch geweiht? Wie sind die vielen Verweise nach Bethlehem und Jerusalem zu erklären? Er spannt Verbindungen zwischen der Berliner Mosaikfirma Puhl&Wagner, dem sieben Jahrzehnte lang von Köln aus geführten Syrischen Waisenhaus in Jerusalem und so genannten Schneller-Schulen in Jordanien und im Libanon.

Hombach ist einer der Künstler, die man überall im Belgischen Viertel treffen kann, aber nur, wenn man die Augen offen hält. Er hat seinen Kellerraum beim Hinterhofsalon an der Aachener Straße angemietet und ist dort gern gesehener Gast. Man könnte ihn für besessen halten, aber dafür ist er viel zu zurückhaltend. Eine ironische Distanz zieht sich durch sein Werk, Ironie zu seinen eigenen Herzensthemen, zu Kirche und Glauben, auch zu seinem Schaffen selbst. Ein Jesus am Kreuz auf einem Rehgehörn. Eine mit Discoglitter vermauerte Geburtstagstorte. Und ein Nicht-Mosaik von der Erlöserkirche. Was das allerdings ist, kann er selbst wohl am besten erklären.

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