Protestcamp: Politischer Sommerkarneval

Wer braucht bei dieser Sonne Atomstrom? Protestcamper ganz relaxed.

Das Protestcamp auf dem Rudolfplatz geht in die dritte Woche seines Bestehens – und die Stimmung bewegt sich zwischen unbeschwerter Fröhlichkeit, lebhafter Teilnahme und zunehmender Sorge um gewaltsame Übergriffe oder eine Räumung. Nachdem die Kölnische Rundschau berichtet hatte, dass die Polizei womöglich bis Mitte des Monats den Platz für eine Info-Veranstaltung der italienischen Handelskammer räumen will, baten die Veranstalter in ihrem Blog um Unterstützung: am Abend fand ein Plenum statt, in dem jeder zur offenen Diskussion eingeladen war.

Derweil entwickeln sich die politischen und kulturellen Aktivitäten weiter: Offenbar hat die Protestgruppe eine Welle der Solidarität im linken Kulturspektrum losgetreten. Der Karneval Global, eine sommerliche Tanz- und Akrobatikveranstaltung mit Weltmusik und Jeckenkostümen, verlegt den Start seiner Parade eigens an den Rudolfplatz. Geplant ist eine Kundgebung mit vierstündigem Kultur- und Kinderprogramm, bevor sich der Zug über die Ringe nach Ehrenfeld aufmacht.

Nach dem Besuch des Edelweißpiraten-Denkmals bildet eine Party im Club Bahnhof Ehrenfeld den Abschluss des Sommerkarnevals – im Stadtteil, wo die Veranstaltung traditionell zu Hause ist. Wer von den Camp-Organisatoren nicht dabei ist, wird wohl Nachtwache am Hahnentor schieben. Dort, berichten die Beteiligten, ist seit mittlerweile drei Übergriffen aus der rechten Szene stärkerer Polizeischutz vertreten. Man achte nun auch selbst verstärkt darauf, dass die Persönlichkeit der Aktivisten geschützt werde. Wer sich dort anschickt, Einzelne zu fotografieren, wird beispielsweise freundlich aber bestimmt auf die Grenzen des Zulässigen hingewiesen.

Wir erinnern uns: So sah die Keimzelle vor zwei Wochen aus.

Polizeipräsident Steffenhagen hat derweil im Express zu Protokoll gegeben, dass das Camp eine schützenswerte Veranstaltung ist, die vom Versammlungsrecht gedeckt sei, auch wenn dies Bürgern missfalle. Erst wenn sich Anwohner belästigt fühlten oder der politische Charakter nicht mehr zu erkennen sei, werde die Polizei „konsequent im Rahmen ihrer Möglichkeiten handeln“. Unrat, Besäufnisse oder Pöbeleien sucht man weiterhin im Camp vergebens, gelegentlich hört man Musik live oder aus Boxen. Das Infozelt ist mittlerweile mit politischen Forderungen gespickt wie eine Klagemauer. Eine Entpolitisierung wird wohl auch ein Straßenkarneval nicht bewirken – das hat man ja wieder an der CSD recht hübsch beobachten können.

 

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3 Antworten auf Protestcamp: Politischer Sommerkarneval

  1. Dennis sagt:

    Toller Beitrag. Sicher kein Fehler, sich mit dem Thema detailierter auseinander zusetzen. Ich werde sicher die weiteren Beitraege im Auge behalten.

  2. Johannes sagt:

    Ahoi, ich bin mal so frech und schreibe was auf deiner Seite. Sieht schnieke aus! Ich benutze auch seit kurzem WordPress einige Sachen sind mit aber noch fremd. Deine Seite ist mir da immer eine gute Anregung. Danke!

  3. Martin Henseler sagt:

    Danke für die Blumen, Jungs! Ich bleibe inhaltlich und stilistisch am Ball…

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